Bildungsqualität
Bildungsqualität (quality in education, educational
quality) lässt sich wie folgt
definieren:
Mit
Bildungsqualität soll die mit einer expliziten Bewertung versehene Ausprägung
der Strukturen, Inhalte und Prozesse bezeichnet werden, die auf die Entwicklung
der Persönlichkeit von Menschen in allen Entwicklungsphasen nachweisbar Einfluss
haben; außerdem soll mit Bildungsqualität die Ausprägung und Bewertung der
Ergebnisse dieser Prozesse bezeichnet werden, wobei als zentrales Kriterium für
eine gelungene Bildung das kompetente und autonome Subjekt betrachtet wird, das
Lebenskrisen erfolgreich bewältigen kann und eine hohe Lebenszufriedenheit
erreicht.
Der Begriff
„Bildungsqualität“ bezieht sich somit auf drei Komponenten, die aus empirischen
Gründen isoliert werden müssen, bei einer abschließenden Bewertung ganzer
Systeme aber wieder vereint werden müssen, und zwar auf:
die Güte von Strukturen, Inhalten und
Prozessen, die nachweislich Einfluss auf die
Entwicklung der Persönlichkeit von Educandi haben und sich gezielt verändern
lassen;
die Güte der tatsächlich erzielten
erzieherischen Wirkungen von Bildungsprozessen, der erzielten kognitiven
Veränderungen und der
psychosozialen Entwicklung der Educandi zu
autonomen Subjekten;
den Grad, in dem individuelle Möglichkeiten
schöpferisch umgedeutet und Krisen in der persönlichen Entwicklung vorläufig
bewältigt werden.
Demnach
impliziert eine hohe Bildungsqualität ein gewisses Maß an Zieloffenheit und
ungeplanten Verläufen und Ergebnissen; eine vollständige Verplanung und rigorose
Zeitnutzung sind mit einem solchen Qualitätsbegriff unvereinbar, vielmehr
erfordert Bildung auch Muße und Zeit zum Spielen und Ausprobieren.
Während sich die unter den ersten beiden
Punkten genannten Merkmale großenteils inzwischen gut messen lassen, gibt es aus
erkenntnistheoretischen Gründen kein Standardverfahren, mit dem sich die Güte
eines Bildungssystems oder eines Bildungsprozesses oder seiner Ergebnisse im
Sinne der zuletzt genannten Kriterien gültig erfassen ließe. Hier bleibt nur der
Rückgriff auf qualitative Erhebungsverfahren, die auf dem Prinzip des Dialogs
zwischen Forschenden und Educandi beruhen. Bei der Beurteilung einzelner
Bildungseinrichtungen oder auch der Bildungssysteme ganzer Gesellschaften müssen
alle drei Komponenten berücksichtigt werden. Geschieht dies nicht, bleibt die
Beurteilung selektiv und sollte auch als solche gekennzeichnet werden.
Die Bildungsqualität in Deutschland muss als eher mittelmäßig bezeichnet werden. Die jüngsten Studien des IQB und die Ergebnisse der IGLU -Studie 2016 deuten leider sogar auf einen relativen Abwärtstrend bei den Viertklässlern hin. Während sich hier viele Länder in der OECD sowie Partnerstaaten verbessern konnten, stagnieren die Kompetenzwerte in Deutschland. Dadurch sind die deutschen Lerner aus dem oberen Drittel ins Mittelfeld verdrängt worden. Ich sehe die Hauptursache dafür in einer interesselosen und wenig ehrgeizigen Bildungspolitik. Insbesondere der Grundschullehrerberuf bedarf einer weiteren Professionalisierung.
vgl. Bauer, K.-O. (2016): Bildungsqualität. In: Zollondz, H.-D./Ketting, M./Pfundtner, R. (Hrsg.): Lexikon Qualitätsmanagement. Berlin/Boston 2016: deGruyter, S. 99-104